Die Werke bildender Kunst sind nicht nur Reaktion, Auseinandersetzung, Interpretation und Kritik einer Zeit. Sie sind auch Ausdruck von Menschen, die sich der Kunst verschrieben haben. Ihre Biografien ermöglichen Einblick in Lebens- und Schaffenszusammenhänge. Sie werden dadurch wichtig und tragen zur Werkdeutung bei.

Gerade in der modernen und zeitgenössischen Kunst finden sich immer wieder Hinweise auf die Situation und Befindlichkeit, in denen Künstlerinnen und Künstler ihre Bilder, Grafiken, Fotografien und Objekte erschufen.Alltagsgeschichten, Zitate und Notizen kommen dabei ans Tageslicht. Sie erhellen das Zusammenleben von Menschen, die sich um eine künstlerische Existenz oder in einer Kunstszene gruppierten.

Selbstporträts und ihre Folgen

Wenn Museen daraus Ausstellungen werden lassen, rückt die persönliche Note in den Themenbereich von Konzepten. So fügen sich Facetten einer Künstlerpersönlichkeit zusammen und werfen ihr Licht auf die jeweiligen Werke. Sie können berühren, treffen und die Sicht auf Leben und Arbeiten verändern. Dies sind üblicherweise Ausstellungen mit enthüllenden Selbstporträts.

Das Städel Museum in Frankfurt am Main war im Jahr 2018 mit seiner Ausstellung ‚Die Erforschung des Ich – Selbstbildnisse Anfang des 20. Jahrhunderts’ an solchen Enthüllungen beteiligt. Die Kabinettschau in der Sammlung Kunst der Moderne präsentierte neun Werke von deutschen Künstlerinnen und Künstler, die die politisch schwierige und unsichere Zeit des frühen 20. Jahrhunderts erlebten.

Otto Dix im Familienporträt

Als Otto Dix Vater eines Sohnes wurde, malte er sich, seine Frau Martha und die beiden Kinder Nelly und Ursus in ‚Die Familie des Künstlers’. Sich selbst verewigte er grinsend und ging so zu sich auf Distanz. Das Bild zeigte durch die Anordnung der Personen gleichzeitig einen Bruch mit den mittelalterlichen Darstellungen der Heiligen Familie. Die Kabinettschau ergänzte dazu eine persönliche Bemerkung des Künstlers zum Altwerden.

Wie Ernst Barlach und Käthe Kollwitz mit der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit über den Totalitarismus des Naziregimes zu ihren Selbstbildnissen kamen, erzählt das Städel Museum mit der Freundesgeschichte, die durch Barlachs Skulptur ‚Zweifler’ und Kollwitz‘ Relief ‚Klage’ der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.